Am 03.10.16 berichtete die TZ München in ihrer Online-Ausgabe über die Verleihung des Medizin-Nobelpreises an den Ehrenprofessor Yoshinori Ohsumi (74). Der Japanische Zellforscher erhielt in Stockholm 2016 den Medizin-Nobelpreis für seine Erforschung und die durchführten Studien der Autophagie (Selbstverdauung) in Zellen. Unter dem Mikroskop ist dieser Vorgang im Inneren von Zellen gut zu beobachten. Yoshinori Ohsumi stellte fest, dass Fasten vor Krankheiten schützen kann, da Fasten sozusagen einen genetisch eingebauten Putzplan in unseren Zellen aktiviert. Dieser Vorgang wird von mindestens einer der 35 vorhandenen Gene einer gesunden Zelle beim Fasten angestoßen. Damit ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Fasten auch gesund
sein kann.
Bei diesem Prozess verjüngen sich die Zellen und bleiben gesund. Insulin, wie es zur Verdauung nötig ist, hemmt den Prozess der Selbstverdauung in den Zellen. Sobald der Nachschub an Nähr-stoffen ins Stocken gerät, greift die Zelle auf eigene Ressourcen zurück, zerlegt sie und verwendet diese für dringendere Auf-gaben. Daher sind Pausen zwischen Mahl-zeiten sinnvoll.
Die Autophagie spielt schon bei der Embryonalentwicklung eine wichtige Rolle. Insbesondere um benötigte Bau-steine schnell zur Verfügung stellen. Im ersten Schritt wächst eine spezielle Hülle um die Zellbestandteile, die zerstört werden sollen. Das können ältere Mitrochondrien (Kraftwerke der Zelle), Bestandteile von Proteinen und auch andere Zellbestandteile sein, die nicht mehr benötigt werden.
Diese Hülle schließt sich und wird zum Autophagosome, dem Wertstoffhof der Zelle. Damit die Arbeit beginnt, verschmilzt der Autophagosom mit sogenannten Lysosomen. Das sind kleine Säckchen voller Enzyme mit der Fähigkeit die Zellbestandteile aufzuknacken z. B. in Aminosäuren und Lipide, die neu verbaut werden können. Abfallstoffe werden abtransportiert.
Bei den durchgeführten Studien hatte man unter anderem auch festgestellt, dass wenn die Bereinigung unserer Zellen nicht richtig funktioniert, das Entstehen und das Wachstum von Krebszellen so wesentlich begünstigt werden kann. Denn die Zellen werden dann sozusagen zur Abfalldeponie defekter Eiweiße. Auch die Entstehung von Diabetes wird auf diese Zusammenhänge zurückgeführt. Man stellte zudem fest, dass die Autophagie-Aktivität unserer Zellen mit
zunehmendem Alter nachlassen. Mit neuen Medikamenten versucht man den Reinigungsprozess unserer Zellen wieder neu anzukurbeln. Dies insbe-sondere um die heute sehr häufig vor-kommenden Alterskrankheiten wie Parkinson und Alzheimer zu lindern. Denn wenn die Müllabfuhr der Nerven-zellen im Gehirn behindert ist, be-günstigt dies solche Krankheiten.
Im Gegensatz zu normalen und gesunden Zellen, scheinen Tumorzellen bei einer Chemotherapie und parallel angewandtem Kurzzeitfasten anfälliger für die zytotoxische Behandlung zu sein. Bisher gibt es leider noch wenige randomisierten, kontrollierten Studien zur Chemotherapie mit begleitenden Kurzzeitfasten bei Krebspatienten:
Im Jahr 2009 haben Safdie (Safdie et al. 2009) und Mitarbeiter die Fall-beschreibungen von 10 Patienten mit unterschiedlichen Krebserkrankungen zusammengefasst. Die Patienten fasteten freiwillig 48 bis 140 Stunden vor Chemotherapie und/oder 5 bis 56 Stunden danach. Über eine verringerte Fatigue und Schwäche sowie ver-minderte gastrointestinale Nebenwirk-ungen berichteten 6 Patienten, die während der Chemotherapie fasteten. Sie hatten sowohl Chemotherapie mit und ohne Fasten erhalten. Das Kurz-zeitfasten wurde gut vertragen. Als Be-gleiterscheinungen des Fastens traten Hunger und Benommenheit auf. Die Wirksamkeit der Chemotherapie schien durch das Fasten nicht beeinträchtigt.
In eine kleine Studie von de Groot und Kollegen aus dem Jahr 2015 wurden 13 Brustkrebspatientinnen aufgenommen. 7 von ihnen fasteten 24 Stunden vor und nach der Chemotherapie. Die übrigen ernährten sich gesund und entsprechend den gültigen Ernähr-ungsempfehlungen. Verglichen wurden die unerwünschten Wirkungen nach Behandlung mit Docetaxel, Doxo-rubicin und Cyclophosphamid. Bei den Patientinnen, die fasteten, fanden sich 7 Tage nach Chemotherapie signifi-kant höhere Erythrozyten- und Throm-bozytenzahlen als bei denen, die sich normal ernährten. Nichthämatolo-gische Toxizitäten traten in beiden Studiengruppen gleich häufig auf. Das Kurzzeitfasten wurde gut vertragen.
In einer Studie aus dem Jahr 2016 untersuchte die Gruppe um Dorff bei 20 Patienten mit unterschiedlichen Krebs-erkrankungen den Einfluss des Fastens bei platinhaltigen Chemotherapien. Die Patienten verzichteten 24 bis 48 Stunden vor und 24 Stunden nach der Chemotherapie auf Nahrung. Welchen Einfluss die unterschiedliche Fasten-dauer auf die toxische Wirksamkeit der Chemotherapie hatte, wurde nicht explizit ausgewertet. Bei längerer Fastendauer wurden Hinweise auf weniger Schäden an Leukozyten ge-funden. Auch verringerte sich die Konzentration von Insulinähnlichem Wachstumsfaktor (IGF-1). Dies könnte normale Zellen vor Toxizitäten durch die Therapie schützen: In Tiermodellen wurde bei Hemmung von IGF-1 ein verstärkter Zellschutz gegen toxische Belastung beobachtet. Das Fasten ver-ursachte nur wenige Symptome. Die Patienten berichteten über Fatigue, Kopfschmerz und Schwindel.
Quelle: www.krebsinformationsdienst.de/fachkreise/nachrichten/2017/fk13-kurzzeitfastenchemotherapie.php
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Kurzfristiges Fasten begleitend zur Chemotherapie könnte normale Zellen vor der therapeutischen Toxizität schützen. Dies sind weitere Erkenntnisse, die der renom-mierte Prof. Dr. med. Andreas Michalsen vom Emmanuel-Krankenhaus in Berlin, derzeit in einer groß angelegten klinischen Studie mit über 1.000 Patienten, die noch bis Mitte 2020 laufen wird, derzeit intensiv untersucht. Prof. Michalsen ist seit 2009 Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin und Inhaber der Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde am Institut für Sozial-medizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Des Weiteren ist Professor Michalsen Vorstandsvorsitzender der Karl und Veronica Carstens-Stiftung Zu seinen Fachgebieten gehören u.a. Homöopathie, Physikalische Medizin und Balneologie, Ernährungsmedizin, Akupunktur und Mind-Body-Medizin.
Prof. Dr. Michalsen sagte in einem Interview mit dem Reformhauskurier am 14.02.2019:
“Wir haben bei uns an der Klinik sogar das Fasten als Unterstützung einer Chemotherapie bei Krebs in einer wissenschaftlichen Studie untersucht. Es zeigte sich, dass ein Fasten von 60 - 72 Stunden die Verträglichkeit der Chemotherapie verbessert. Das heißt, das Fasten zeigt sich in immer mehr Facetten als eine wirkungsvolle Maßnahme.“
Die Ergebnisse dieser Studie werden schon jetzt mit sehr großem Interesse erwartet. Mit Evidenzbasierter Medizin (EBM) wird man die medizinische Versorgung, welche die Erkrankung eines Patienten auf der Grundlage der besten zur Verfügung stehenden Wissens-quellen bzw. Daten behandelt, weiter erfolgreich ausbauen.